Mit Kränkungen wirksam umgehen

Je mehr Menschen ich mit dem Thema Burnout begleite, stelle ich fest, dass Kränkungen dabei oft eine große Rolle spielen und eine weitreichende Bedeutung für unser Leben haben. Die Kränkungsdynamik taucht in all unseren Lebensbereichen auf: in nahen und entfernteren Beziehungen, in unserem Berufsleben, in gesellschaftlichen Strukturen oder auch in politischen Auseinandersetzungen.

Unaufgelöste Kränkungskonflikte verhindern konstruktive Auseinandersetzungen und führen leicht zu Missverständnissen, andauernden Konflikten und im schlimmsten Fall auch zu Hass und Gewalt. Auch Burnout kann eine Folge davon sein. Umso wichtiger ist es, die Kränkungsdynamik besser zu verstehen, um einem möglichen Burnout vorzubeugen und mit den Kränkungen wirksam umgehen zu lernen .

Wenn wir verstehen, welche Prozesse genau in uns ablaufen und was unser Gegenüber dazu veranlasst, kränkend mit uns umzugehen, ist dies ein erster Schritt in Richtung einer Lösung.

Im Teufelskreis der Kränkung gefangen

Kränkungen können in uns Rache und Zerstörungsgedanken auslösen. Wir richten Gefühle von Wut und Hass auf unser Gegenüber, den oder die wir als Gegner bzw. Gegnerin empfinden. Unversöhnlichkeit, Bitterkeit und Ablehnung entstehen als Folge davon auf beiden Seiten. Nicht selten geht so jede Art von Beziehungen in die Brüche.

Es kann gut sein, dass wir aus Gefühlen der Ohnmacht und Hilflosigkeit heraus, verbal oder sogar auch körperlich zurückschlagen. Verbale oder physische Gewalt befreit uns allerdings nicht von unserem Schmerz der gefühlten Verachtung, Demütigung oder Entwertung. Ganz im Gegenteil! Je machtloser wir uns fühlen, desto gewalttätiger sind wir und umgekehrt.

Die Befriedigung darüber, unser Gegenüber mindestens so sehr gekränkt zu haben, wie er uns, heilt weder unsere Wunden noch löst es den zugrunde liegenden Konflikt.

Auch wenn wir uns beleidigt zurückziehen, um unsere Wunden zu lecken und im Selbstmitleid zu zerfließen, ändern wir überhaupt nichts. Dies führt lediglich dazu, dass wir tief in Rachegedanken und Hassgefühle eintauchen. So bleiben wir in einem unfriedlichen Zerwürfnis gefangen, das nur wieder zu der nächsten Kränkung und dem nächsten Konflikt führt.

Sind wir mit uns und mit anderen nicht im Frieden, ziehen wir unbewusst auch zwangsläufig Ablehnung und Aggression an. So entsteht ein Teufelskreis, aus dem wir uns nur schwer befreien können. Daher ist es sehr wichtig, die erlittene Kränkung aktiv aufzulösen.

Mit Kränkungen wirksam umgehen

Die doppelte Bedeutung einer Kränkung

Wir sprechen dann von einer erlittenen Kränkung oder einer Kränkungsreaktion, um unser Erleben auszudrücken, wenn wir uns gekränkt fühlen. Von einer erteilten Kränkung oder auch Kränkungshandlung sprechen wir hingegen dann, wenn es um die Handlung des Kränkens geht, also was wir tun, um jemand anderen zu kränken.  

Eine Kränkungshandlung ist immer auch etwas Subjektives, denn sie hängt davon ab, ob ein Verhalten von uns als kränkend erlebt wird. Das bedeutet, dass theoretisch alles als kränkend erlebt werden kann. Es heißt aber auch, dass jeder durch andere Erlebnisse gekränkt sein kann. Was ich als kränkend erlebe, muss für Dich gar nicht kränkend sein!

Sich für die Kränkung verantwortlich fühlen

Alles Mögliche kann also bei uns eine Kränkungsreaktion auslösen. Damit hat eine Kränkung mehr mit uns als mit dem Gegenüber oder mit der Kränkungstat zu tun, auch wenn Du dies vielleicht gar nicht hören magst und es auf den ersten Blick auch nicht so erscheint.

Entgegen unserem eigenen Erleben, sind wir Kränkungen nicht hilflos ausgeliefert, auch wenn es uns schwer fällt, mit einer Kränkung wirksam umzugehen. Unser aktiver Part besteht darin, dass wir bestimmte Handlungen oder Worte von anderen Menschen als kränkend interpretieren.

Wie sehr wir uns verletzt fühlen, hängt daher davon ab, welche Bedeutung wir diesem Vorfall geben. Und auch davon, welche Erfahrungen wir bereits vorher gemacht haben, in denen unsere innere Sicherheit erschüttert wurde und unsere Bedürfnisse ignoriert wurden.

Kränkungen schwächen unser Selbstwertgefühl

Jeder Mensch ist kränkbar! Allerdings wird die Kränkung von jedem bzw. jeder in einem unterschiedlichen Ausmaß erlebt.

Fühlen wir uns gekränkt, so schwächt dies unser Selbstwertgefühl. Wir fühlen uns geringschätzt, abgelehnt und erniedrigt. Je weniger stark ausgeprägt unser Selbstwertgefühl ist, desto empfindlicher reagieren wir auf eine erlebte Kränkung.

Selbstbewusste Menschen sind deswegen nicht so leicht kränkbar, da sie negative Erlebnisse mit anderen Menschen nicht persönlich nehmen. Das ist sehr viel leichter gesagt als getan.   

Menschen mit einem schwachen Selbstwertgefühl hingegen brauchen Bestätigung von außen, um ihr Selbstwertgefühl zu stützen. Bleibt diese Wertschätzung allerdings aus, fühlen sie sich schnell gekränkt.

Allgemein lässt sich sagen, dass in Kränkungssituationen unsere Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Wir fühlen uns dann nicht gesehen und nicht ernst genommen. Uns fehlt die Anerkennung und Bestätigung des Gegenübers.

Dies gibt uns aber auch die Chance, aus dieser Kränkungssituation zu lernen. Wir können uns in solchen Fällen auf die Suche machen und herausfinden, welche unserer Bedürfnisse nicht erfüllt wurden und dafür sorgen, dass sie auf anderem Wege erfüllt werden.

Schreck lass nach

Fühlen wir uns gekränkt, führt dies zu einem inneren Erschrecken. Auch unser Körper reagiert auf diesen Schreck:

  • Wir halten den Atem an,
  • unsere Muskeln verkrampfen,
  • wir fühlen uns völlig erstarrt.

Auch diese Körperreaktionen können wir nutzen, um aus diesem erstarrten Schrecken herauszukommen. Dazu brauchen wir erst einmal nur tiefer zu atmen und uns zu bewegen. Dies sind die ersten Schritte, um die Kränkung überwinden zu können. Verharrt der Körper stattdessen chronisch in der erstarrten Schreckreaktion, können viele psychosomatische Erkrankungen entstehen.

Werden die Kränkungen nicht verarbeitet, bieten sie den Nährboden für weitere Verletzungserfahrungen.

Strategien im Umgang mit Kränkungen

Nachdem wir nun aus der erstarrten Schrecksituation wieder hinausgekommen sind, ist es hilfreich, uns mit ein paar konstruktiven Fragen auseinander zu setzen.

Als erstens sollten wir uns fragen, welcher wunde Punkt bei uns berührt wurde, denn letztendlich trifft jede Kränkung einen wunden Punkt bei uns. Jede Verletzung, die uns an eine ähnliche frühere Verletzung erinnert, reißt alte Wunden wieder auf, die noch nicht verheilt sind.

So ist unsere heutige Reaktion auch dadurch mitbestimmt, was wir zuvor erlebt haben. Dies kann dazu führen, dass wir in dieser Situation viel heftiger darauf reagieren, als das angemessen wäre. Es bedeutet auch, dass unser Gegenüber mehr abbekommt, als es angebracht wäre, da er praktisch stellvertretend für alle steht, die uns ähnliches angetan haben.

Frage Dich daher, welche alte Wunde durch die aktuelle Kränkungshandlung wieder aufgebrochen ist. Welche Wunde konntest Du bisher noch nicht heilen?

Außerdem könnte es Dich weiterbringen, wenn Du überlegst, ob Dein Gegenüber auch etwas von dem abbekommt, was eigentlich einer anderen Person aus einer früheren Erfahrung gilt. Mache Dir also klar, welche Reaktion in der aktuellen Situation angemessen wäre und welche zu einem früheren Gegenüber gehört.

Helfen kann dabei auch, über den eigenen Tellerrand zu schauen, indem Du Dir klarmachst, welchen Hintergrund Dein Gegenüber hat. Welchen wunden Punkt hast Du unter Umständen auch bei ihm getroffen? Was hat ihn verletzt?

Mache Dir darüber hinaus bewusst, dass niemand in der Lage ist, Deine alten Wunden zu heilen! Allzu leicht machen wir den anderen für unsere eigenen Gefühle verantwortlich. Das passiert nahezu automatisch.

Doch andersherum wird ein Schuh draus: Nur Du selbst bist verantwortlich für Deine eigenen Gefühle! Das kannst Du daran merken, dass die gleiche Situation bei jemand anderem ganz andere oder auch gar keine Gefühle auslösen würde. Die erlebte Kränkung hat daher immer mit der eigenen Geschichte zu tun.

Kränkungen lassen sich dadurch auflösen, indem wir Verständnis für unsere eigene Geschichte und den biographischen Hintergrund des Gegenübers aufbringen. Vorwürfe, anklagende Worte und das Ausagieren von Wut hingegen, lösen weder die Kränkung noch den darunter liegenden Konflikt auf und erfüllen auch nicht Deine Bedürfnis nach dem Gesehen werden.

Was sind Deine nächsten Schritte?

Nimm das Tempo raus! Anstatt sofort mit überschießender Wut zu reagieren, trete einen Schritt zurück und sortiere Deine ausgelösten Gefühle. Bevor Du auf die erlebte Kränkung reagierst, macht es Sinn, vor einer Reaktion mindestens einen Tag und eine Nacht abzuwarten, um Dein Gemüt abzukühlen.

Nimm eine Überprüfung der Realität vor. Treffen die Annahmen, die Du über die Absichten Deines Gegenübers getroffen hast, wirklich zu?  Du könntest den anderen auch erst einmal fragen, ob Deine Vermutungen über das Geschehen und über seine Absichten wirklich so stimmen, bevor Du auf Verdacht oder aufgrund Deiner Spekulationen reagierst.

Ein wirksamer Umgang mit Kränkungen beinhaltet unter anderem auch, dem anderen mitzuteilen, welches Deine Befürchtungen sind und was Du bräuchtest, um Dich sicher zu fühlen. Genauso wichtig ist es, den anderen zu fragen, was in ihm vorgegangen ist und was er von Deiner Seite aus bräuchte. So lassen sich die Kränkungen auf beiden Seiten auflösen und die darunter liegenden Konflikte bereinigen.


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